Das Jahr, das war
2023 wurde bei Bodara – wie in jedem Jahr – enorm viel geleistet und produziert. Übergeordnet ging es vor allem um die Themen:
– AI
– Exil
– Zukunft
Ok, das liest sich wie eine Liste der angesagtesten Clubs in Zürich. Es soll sich hier jedoch nicht um eine neue Form von Eskapismus drehen, sondern um unsere Alltagsrealität. Also der Reihe nach.
Vor einem Jahr haben wir mit der künstlichen Intelligenz OpenAI einige Tests gemacht und sie unter anderem beauftragt, aus ein paar Stichworten einen Jahresrückblick zu generieren.
Das Resultat (hier nachzulesen) war in mehrerlei Hinsicht überraschend. Überraschend, das so etwas möglich ist, überraschend aber auch, wie flach und unbefriedigend das Resultat daherkommt.
Inzwischen sind lernfähige Computersysteme wie ChatGPT und Co. massiv besser geworden, die Aufregung entsprechend grösser. In zahlreichen Gesprächen, die ich 2023 geführt habe, spürte ich die gesamte emotionale Bandbreite von Alarmismus über Euphorie bis zu Ignoranz. Schwierig hier die Übersicht zu behalten.
«Humans doing the hard jobs on minimum wage while the robots write poetry and paint is not the future I wanted» (Karl Sharro, Architekt und Satiriker, via Twitter)
Fakt ist: AI-Anwendungen haben ein enormes Potenzial, dieses Potenzial wird genutzt werden und unsere Welt verändern – so stark wie vielleicht einst die Erfindung der Schrift oder des Buchdrucks. Übertrieben?
Für mich stellt sich die Frage, wie wir als Design- und Beratungsagentur mit diesen Veränderungen umgehen? Wie bieten wir für uns und unsere Kund*innen Orientierung?
1. Neugier
In den Anfängen meiner Selbständigkeit (1998) gab es einige gestandene Grafikerkoriphäen, die sich der Digitalisierung (sprich: dem Computer) verweigerten. Da machen wir nicht mit! Sie hatten vermutlich noch knapp 5 Jahre Zeit, bevor sie entweder jemanden gefunden und angestellt hatten, der Computer «konnte», oder die Aufträge waren weg. Mit AI dürfte dieser Prozess noch schneller gehen.
Mein Vorschlag: Anstatt sich zu verweigern, lasst uns Teil dieser Transformation sein und diesen Prozess aktiv mitgestalten. Sich mit Neugier den Technologien nähern, ausprobieren, implementieren, hinterfragen, diskutieren, verbessern.
(Diese Neujahrskarte wurde übrigens nicht konventionell gestaltet, sondern von unserer hervorragenden Auszubildenden Estella Bonin «gecodet». Zwar war hier nicht eine KI der Schlüssel zum Resultat, aber eine gehörige Portion Neugier.)
2. Handwerk
«(…) Today, I am here to wave a flag for craft, practice, process, thinking-through-sketching, thinking-through-making. As you draw / sketch / make / iterate / imagine, you bring ideas into being, the process of shaping them though whatever-craft-you-choose is immensely valuable.» (Anab Jain, Mitgründerin von Superflux, via LinkedIn)
Wer meint, dass eine AI einfach per Knopfdruck eine Lösung für jedes sich stellende Problem ausspuckt, hat entweder noch nie einen Promt verfasst oder noch nie ein komplexes, vielleicht über mehrere Jahre dauerndes Projekt verantwortet. Handwerk ist und bleibt der Schlüssel: Handwerk, Erfahrung, Empathie und Können.
A propos Können: Wie man AI und Kunsthandwerk auf höchstem Niveau verbinden kann, zeigte uns im vergangenen Sommer der Walliser Künstler Jonas Wyssen anhand von sechs Bildern, die er in unserem Auftrag für das Wissenschaftsmagazin Horizonte kreiert hat.
3. Idee
«Ich habe 20 Jahre gebraucht um so gut zu werden, dass ich diese Arbeit in 10 Minuten erledigen kann.» (Unbekannt)
Ein guter Freund (und hervorragender Designer) sagte einst, Geld (oder Honorar) gegen Zeit zu tauschen, sei eine furchtbare Idee. Wie recht er hatte. Schon immer habe ich mich gefragt, warum die Langsamen belohnt und die Schnellen bestraft werden sollen. Oder anders ausgedrückt: Gibt es eine Korrelation zwischen der Qualität einer Idee und der Dauer, die zur Ausführung dieser Idee benötigt wird?
AI-Anwendungen stehen auch in diesem Zusammenhang für einen Paradigmenwechsel. Arbeits- oder Erfüllungszeit wird eine andere Bedeutung erlangen, während Idee und Kompetenz stärker gewichtet werden müssen. Darin sehe ich einerseits eine längst fällige Korrektur, andererseits aber auch eine grosse Chance für unsere (Kreativ-)Branche.
Anderer Meinung? Gut so! Ich freue mich auf den Austausch!
Zu etwas Handfesterem: Im 2023 sind zweimal umgezogen. Unsere Homebase wurde kernsaniert, weshalb wir im Februar ins Exil an die Neptunstrasse 20 und zehn Monate später wieder zurück an die Hardstrasse 5 gezogen sind.
Kann ich niemandem empfehlen.
Ein grosses Dankeschön an unsere Gastgeberinnen im Kreis 7, Panda & Pinguin: Ihr habt uns herzlich aufgenommen und die Zeit ist wie im Flug vergangen.
Und schon sind wir beim letzten Punkt: Zukunft. Im vergangenen Jahr mussten wir mit dem Abgang von Jeannine Herrmann eine Schlüsselperson ersetzen. Mit grosser Freude durften wir im Juli Helene Leuzinger in unserem Team begrüssen. Herzlich Willkommen! Für die Zukunft haben wir zudem einige Prozesse angeschoben, in der das Team eine (noch!) grössere Rolle spielen wird.
2024 wird ein gutes Jahr. Ich bin dankbar, dass ich mit diesem wunderbaren Team für wunderbare Kunden arbeiten darf.
Es guets Nöis,
Tobias