Buch des Monats
Unser Atelier-Buch* des Monats: «Gesichter der administrativen Versorgung / Visages de l’internement administratif» von Ruth Ammann, Thomas Huonker und Jos Schmid
Veröffentlichungen der Unabhängigen Expertenkommission Administrative Versorgungen, Band 1
284 Seiten, 215 x 274 mm, Halbleinen, 63 Abbildungen
«Der technische Begriff ‹Administrative Versorgung› meint nichts anderes, als dass die Schweiz im letzten Jahrhundert Zehntausende von jungen und älteren Erwachsenen in geschlossene Anstalten steckte, also ihrer Freiheit beraubte, obschon diese weder eine Straftat verübt noch gerichtlich verurteilt worden waren. Diese Versorgungen sind also vom Verdingkinderwesen und von den Heim- und Pflegeplatzierungen abzugrenzen.
Ausreichend war zum Beispiel, dass eine unverheiratete junge Frau Mutter wurde, ein junger erwerbsloser Mann wiederholt im Wirtshaus ein, zwei Bier trank oder ein verschuldetes Paar häufig den Wohnort wechselte oder getrennt lebte. Wenn jemand den Behörden bekannt war als ‹Problemfall›, dessen Eltern zudem ‹verwahrlost› und ‹Mündel› waren, und er sich dann auch noch einem amtlichen Aufgebot widersetzte, war die Wahrscheinlichkeit noch grösser, dass er sich alsbald in einer «Korrektionsanstalt›, wo er arbeiten musste, in der geschlossenen Psychiatrie oder einer Strafanstalt wiederfand.» (Urs Hafner/NZZ, https://tinyurl.com/yxuf8xq2)
«Wer sind die Menschen, die eine administrative Versorgung erlebten? Was steht hinter diesem Begriff und was bedeutet er im Leben der Betroffenen? Diesen Fragen geht der Porträtband der UEK nach, indem er die Menschen ins Zentrum stellt, die Opfer administrativer Versorgung wurden. Er nähert sich ihnen auf zwei Arten: einmal, indem der Fotograf Jos Schmid sie in formal strengen Schwarz-weiss-Porträts fotografiert, einmal, indem zwölf Autorinnen und Autoren sie aufgrund mündlicher oder schriftlicher Quellen in kurzen biografischen Texten beschreiben. Foto und Text zeichnen so mit unterschiedlichen Mitteln unterschiedliche Bilder von unterschiedlicher Wirkmacht – und ermöglichen dadurch ein vielschichtiges Bild der Betroffenen, aber auch einen Einblick in die Prozesse, die darüber bestimmen, was für Bilder wir uns von Menschen machen.» (https://tinyurl.com/y49jdgc8)
© Chronos Verlag, Zürich, 2019
ISBN: 978-3-0340-1511-0
*Monatlich wird vom Bodara-Team ein Buch für die Atelier-Bibliothek vorgeschlagen und bei der Buchhandlung im Volkshaus (Stauffacherstrasse 60, 8004 Zürich) gekauft. Download E-Book (kostenlos): https://tinyurl.com/y4sb3uen